APOLDA - Mit einem eintägigen Aufenthalt in Apolda beendet der "Zug der Erinnerung" die gegenwärtige Etappe durch Thüringen. Der Zug war nach Apolda eingeladen worden, um den rechtsextremen Umtrieben entgegen zu treten, die in der Kleinstadt seit mehreren Jahren Beunruhigung hervorrufen. Wiederholt kam es zu Schändungen einer Erinnerungsstätte, gewalttätige Übergriffe auf engagierte Bürger der Stadt sind nicht unüblich. "Der jetzige Aufenthalt trägt dazu bei, das demokratische Netzwerk in Apolda zu stärken", sagt Anne Berghoff vom Team der pädagogischen Begleiter. "Wer im 'Zug der Erinnerung' in die Gesichter der Deportierten blickt, wird wissen, wohin Rassismus und nationaler Größenwahn führen."
Die thüringische Presse begleitet die Fahrt des Zuges mit kritischen Artikeln und ermahnt den Konzern-Vorstand der Bahn AG, die Initiatoren des Gedenkens endlich zu unterstützen. Unter der Überschrift "Einfach beschämend" kommentiert die "Ostthüringer Zeitung" (OTZ) das Verhalten der Vorstandsetage mit scharfen Worten und fragt:
"Will die Deutsche Bahn AG ein zweites Mal an den Toten verdienen?
Der 'Zug der Erinnerung', der derzeit in Thüringen unterwegs ist, erinnert an das Schicksal von insgesamt 12 000 jüdischen Kindern und an die Verschleppung von rund einer Million anderer junger Menschen, die in der NS-Zeit mit Zügen der damaligen Deutschen Reichsbahn in Konzentrationslager geschafft worden sind. Die meisten der Kinder und Jugendlichen wurden umgebracht, die wenigsten überlebten.
Allein dieser historische Hintergrund verbietet es eigentlich, den Organisatoren Geld für Schienenkilometer, Zwischenstopps oder Strom abzuverlangen. Die Bahn AG macht es dennoch. So als gäbe es keine Vergangenheit, keine Beteiligung der Bahn an den grausamen Verbrechen der NS-Diktatur. Dabei ist es historisch belegt, dass die Bahn mit den Deportationen Geld verdiente, an dem das Blut Unschuldiger klebt.
Nun will man wieder Kasse machen - mit dem Erinnern an das dunkelste Kapitel der Deutschen. Das ist widerwärtig und beschämend - für Deutschland und seine Führung. Denn noch ist der Bund Eigentümer dieses Konzerns, wo man Anstand und Mitgefühl offenbar nicht kennt."
Die gegenwärtige Etappe der Zugfahrt durch Thüringen sei wegen "der praktischen Hilfe vieler einfacher Bahnmitarbeiter erfolgreich verlaufen - trotz technischer Probleme. Dafür danken wir den Kolleginnen und Kollegen vor Ort", heißt es in einem Schreiben der Zug-Initiatoren an die verantwortlichen Bahn-Logistiker in Thüringen. "Mit Ihnen wünschen wir uns, daß der Vorstand der Bahn AG die schädliche Kontroverse endlich beendet und Ihrem Beispiel folgt."