Trenul amintirilor - Поезд воспоминания - Pociąg pamięci - Train of commemoration - Zug der Erinnerung - Az emlékezés vonata - Vurdon so na bistrel nahles - o treno tis mnimis - To treno tis mnimis - Pociag pamieci - Train de la mémoire - Zuch vun der Erënnerung - Vlak uspome

Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen

In Kooperation mit:

Archiv

Die Gesichter
Die Namen

Bei der Spurensuche Dortmunder Jugendlicher gelang es, den Weg zu rekonstruieren, der Harald Rosenbach in die Vernichtung führte. Harald wurde nur 18 Jahre alt. Nach den Dortmunder Novemberpogromen konnte er sich aus seiner Geburtsstadt über die nahe Grenze in die Niederlande retten. Das Trainingslager Wieringermeer nahm ihn auf. Dort bereiteten sich junge deutsche Emigranten als Handwerker auf die Auswanderung nach Palästina vor. Der Einmarsch deutscher Truppen (1940) vereitelte den Plan. Harald wurde verhaftet und in das NS-"Durchgangslager" Westerbork deportiert. In Westerbork stellten die Besatzer im September 1942 einen Massentransport "nach Osten" zusammen, den die "Reichsbahn" ans Ziel brachte. Wenige Tage nach Ankunft in Auschwitz verlieren sich die Spuren von Harald Rosenbach. Er ist eines von 20 jugendlichen Opfern, deren Gesichter und Namen in ihrer Heimatstadt Dortmund wiederaufgelebt sind.

Mit einer Rekonstruktion der letzten Spuren deutscher NS-Opfer schliessen Jugendliche aus Dortmund ihr diesjähriges Gedenkprojekt ab. Es galt den Kindern jüdischer Emigranten, die in die Niederlande geflohen waren und nach der NS-Okkupation u.a. in das Vernichtungslager Sobibór verschleppt wurden - mit der "Reichsbahn".

Wir sprachen mit dem Projektleiter des Jugendring Dortmund, Andreas Roshol.

A. Roshol : Den Impuls gab der der "Zug der Erinnerung", der den 70. Jahrestag der Massentransporte aus den Niederlanden nach Sobibór zum Anlass für eine Fahrt über 10 deutsche Bahnhöfe nahm. Gemeinsam mit dem Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) haben wir diesen Impuls regional ausgeweitet und entscheidend vertieft. Wir werden auch für eine Beständigkeit dieser Spurensuche sorgen. Sie wird über den Tag hinausgehen.

ZdE: Viele der in Sobibór ermordeten Kinder kamen aus dem heutigen NRW. War das ein wichtiger Ansatz?

A. Roshol: Unbedingt. Für unsere Arbeit ist entscheidend, daß wir den NS-Terror in einen konkreten Bezug zum heutigen Lebensumfeld der Jugendlichen stellen können. Es gelang allein in Dortmund, die Spuren von zwanzig der ermordeten Kinder zu finden. Oft mehr als nur die Namen. Sie gehörten zu den jüdischen Familien, die nicht weit von der Grenze zu den Niederlanden gelebt hatten und die sich über diese Grenze schnell in Sicherheit bringen wollten. Der Zusammenhang ist für die heutigen Jugendlichen in unserer Region einleuchtend, er ist spürbar.

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Im Einvernehmen

Bei den Beutezügen durch Europa raubte der deutsche Staat wertvolle Ressourcen, Kunstschätze - und ebenso Menschen. Das Foto zeigt Heinrich Himmler (rechts) in Minsk, wo er über die Entführung eines blondhaarigen Jungen befindet (1941). Zu Tausenden wurden diese Kinder aus der UdSSR, aus der CSR, Polen oder Norwegen nach Deutschland verschleppt. Die Bundesregierung weigert sich, die Überlebenden zu restituieren, aber spricht von "Verantwortung". Wie der Umgang mit dem Münchener Kunstfund zeigt, weicht Berlin nur internationalem Druck.

Ein Lehrstück über Schuld und Schulden aus der NS-Zeit führen der deutsche Staat und die Nachkriegshehler des Münchener Raubkunstfundes auf.

Während sie ihre moralische "Verantwortung" für die vergangenen Verbrechen lauthals zur Schau stellen (siehe dazu die Bundesbehörde "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"), sind sie zur Begleichung ihrer Schulden erst bei enormem Druck aus dem Ausland bereit.

Wer diesen Druck nicht ausüben kann (z.B. die zwangsgermanisierten Überlebenden des NS-Menschenraubes in Osteuropa), geht leer aus. Wer von den deutschen Behörden die vollständige Rückgabe der Opfervermögen fordert und Restitution für die seelischen Leiden (wie der "Zug der Erinnerung"), muss mit finanziellen Nachteilen rechnen (Flyer).

Spuren verwischen

Erst jetzt, nach ernsten Protesten der US-Regierung und der internationalen Erben des Raubkunstfundes, geben die deutschen Behörden Einzelheiten über das unterschlagene Vermögen preis. Zugleich werden Spuren verwischt: Den Hehlern offeriert der deutsche Staat "Respekt und Anerkennung", wenn sie zu einer "einvernehmlichen Lösung" bereit sind (Süddeutsche Zeitung). Im Einvernehmen mit wem und wofür?

Plünderung Europas

Was in München aufgetaucht ist, ist nur ein kleiner Teil der entwendeten Vermögen. Der größere Teil stammt aus Raub, Mord und und Totschlag in fast sämtlichen Staaten des Kontinents. Es sind Billionen. Auf dem Fundament dieser Vermögen und der menschlichen Tragödien, die davon nicht zu trennen sind, lebten nicht nur die Nachkriegshehler – davon lebt Deutschland bis heute. Ist die Vertuschung dieser Schulden gemeint, wenn von einer "einvernehmlichen Lösung" die Rede ist?

Kalte Enteignung

Die Bundesrepublik weigert sich, diese Schulden in vollem Umfang zurückzuzahlen. Selbst die Opfer werden inzwischen geleugnet, z.B. durch das Auswärtige Amt, weil es Geld sparen will (Strafanzeige). In der "Bundesstiftung" EVZ gewähren die Tätererben "humanitäre Hilfe" – mit Brosamen. Gerne verweisen sie auf die deutsche "Erinnerungskultur", ein Aushängeschild, hinter dem sich die Arbeit unzähliger Bürgerinitiativen, Vereine, Schulklassen, zivilgesellschaftlicher und kirchlicher Einrichtungen verbirgt. Meist müssen sie um geringste Förderbeträge betteln – so wie der "Zug der Erinnerung", der die kalte Enteignung der Bundesregierung mit einer Spendenkampagne kompensieren muss. Auch Gedenkstätten, die ohne staatliche Zuwendungen nicht existieren könnten, beschweren sich hinter vorgehaltener Hand, weil sie abhängig sind - z.B. von der halbstaatlichen "Bundesstiftung" EVZ.

Schuld und Schulden

Die Tränen, die in diesen Tagen in Deutschland vergossen wurden, um die Opfer der November-Pogrome zu beklagen, wären ein Zeichen von Hilflosigkeit ohne die Forderung nach materieller Genugtuung für die Opfer und ihre Erben. Wer die Schuld anerkennt, muss die Schulden zahlen.




Das Billionen-Pogrom

Erst in Deutschland, dann in ganz Europa plünderten die Massenverbrecher fremde Vermögen. Die jetzt in München entdeckte Kunstsammlung ist ein handgreifliches Beispiel für den Verbleib des Raubes, auf dessen materiellen Fundamenten das vereinte Deutschland bis heute lebt.

Zum alljährlichen Gedenken an die November-Pogrome und zur Spendenkampagne des „Zug der Erinnerung“ (Flyer) passt der Fund zahlreicher Raubkunst-Objekte in München.

Ihre Eigentümer wurden in Sobibór oder Auschwitz ermordet, ihre Erben erfahren erst jetzt, wo das Eigentum geblieben ist: versteckt in Deutschland. Die Werte gehen in die Millionen. Seit 70 Jahren davon gelebt haben die Tätererben und ihre Helfer – sogenannte seriöse Kunsthäuser wie Lempertz oder van Ham (Köln). Van Ham machte bereits mit dem Judenvernichter Albert Speer einträgliche Nachkriegsgeschäfte.

Plünderung Europas

Was in München aufgetaucht ist, ist nur ein kleiner Teil der entwendeten Vermögen. Der größere Teil ist in Wertpapiere verwandelt oder in Geld umgeschmolzen worden. Es sind Billionen. Die November-Pogrome des Jahres 1938 waren der Auftakt zu einer nie dagewesenen Plünderung Europas - von Frankreich im Westen bis nach Norwegen im Norden, von Italien über Jugoslawien bis Griechenland. Das besetzte Polen und die Sowietunion gehörten zu den Gebieten mit dem größten Raubgewinn. Auf dem Fundament dieser Vermögen und der menschlichen Tragödien, die davon nicht zu trennen sind, lebten nicht nur die Nachkriegshehler – davon lebt Deutschland bis heute.

Kalte Enteignung

Die Bundesrepublik weigert sich, diese Schulden in vollem Umfang zurückzuzahlen. Selbst die Opfer werden inzwischen geleugnet, z.B. durch das Auswärtige Amt, weil es Geld sparen will (Strafanzeige). In der "Bundesstiftung" EVZ gewähren die Tätererben "humanitäre Hilfe" – mit Brosamen. Gerne verweisen sie auf die deutsche "Erinnerungskultur", ein Aushängeschild, hinter dem sich die Arbeit unzähliger Bürgerinitiativen, Vereine, Schulklassen, zivilgesellschaftlicher und kirchlicher Einrichtungen verbirgt. Meist müssen sie um geringste Förderbeträge betteln – so wie der "Zug der Erinnerung", der die kalte Enteignung der Bundesregierung mit einer Spendenkampagne kompensieren muss. Auch Gedenkstätten, die ohne staatliche Zuwendungen nicht existieren könnten, beschweren sich hinter vorgehaltener Hand, weil sie abhängig sind - z.B. von der halbstaatlichen "Bundesstiftung" EVZ.

Schuld und Schulden

Die Tränen, die in diesen Tagen in Deutschland vergossen werden, um die Opfer der November-Pogrome zu beklagen, wären ein Zeichen von Hilflosigkeit ohne die Forderung nach materieller Genugtuung für die Opfer und ihre Erben. Wer die Schuld anerkennt, muss die Schulden zahlen.




Sobibór: Anzeige gegen das Auswärtige Amt

Eine Strafanzeige wegen öffentlicher Leugnung der Massenmorde an über 20.000 deutschen Juden im Vernichtungslager Sobibór ist seit dem 7. Oktober beim Generalbundesanwalt (Karlsruhe) anhängig. Die durch das Auswärtige Amt (AA) erfolgte Sobibór-Leugnung wurde auch auf einer internationalen Konferenz in Warschau scharf angegriffen. Ebenfalls kritisiert wurde die halbstaatliche "Bundesstiftung" EVZ . In ihr ist das AA vertreten. Die EVZ hat bereits zwei Mal in diesem Jahr Fördergelder für das Gedenken in Sobibór verweigert. Deswegen ruft der "Zug der Erinnerung" zu einer Spendenkampagne auf. Es fehlen Mittel für die Teilnahme deutscher Jugendlicher an den Feierlichkeiten zur Ehrung der Sobibór-Opfer am 14. Oktober.

Die Leugnung der Massenmorde an über 20.000 deutschen Juden sei geeignet "den öffentlichen Frieden zu stören" (§ 130 Abs. 3 StGB. ), heißt es in der Anzeige, die von der "Grundrechtepartei"eingereicht wurde. Sie bezieht sich auf das ARD-Magazin Kontraste vom 26. September. Dort hatte das AA die Co-Finanzierung einer neuen Gedenkstätte in Sobibór den Opferstaaten zugeschoben, also "den Ländern, die dort Inhaftierte hatten. Da war Deutschland nicht dabei", behauptete die Staatsministerin im AA, Cornelia Piper, im "Kontraste"-Interview gegen jede historische Wahrheit.

Revisionistische Lügen

Wie es bei der Konferenz in Warschau hieß, wolle Berlin einen international wirksamen Präzedenzfall schaffen, wonach die Bundesrepublik für die hinterlassenen Mordstätten ihres Rechtsvorgängers ("Deutsches Reich") materiell nicht zuständig sei - weder in Sobibór noch anderswo. Anderslautende Forderungen der deutschen Zivilgesellschaft sollten unterdrückt werden. Der Bundesregierung und ihren halbstaatlichen Organisationen (Stiftung EVZ) sowie den Tätererben (DB AG) gehe es um die Vermeidung materieller Verantwortung - wenn nötig mit "revisionistischen Lügen".

Nach Sobibór fuhren Reichsbahn-Transporte mit über 150.000 Menschen, die unmittelbar nach ihrer Ankunft durch Gas erstickt wurden. Mindestens 10.000 dieser Opfer kamen aus Deutschland, darunter die aus Dortmund stammende Gertrude Poppert-Schönborn. Unter dem Namen "Luka" war sie vor 70 Jahren am Aufstand in Sobibór beteiligt.

Aktuelle Lehren ziehen

Um "Luka" und alle anderen Sobibór-Opfer zu ehren, wird eine Delegation deutscher Jugendlicher an den internationalen Feierlichkeiten am 14. Oktober teilnehmen - mit dem "Zug der Erinnerung", der den Großteil der Kosten aus privaten Spendengeldern übernimmt. "Wir werden mit engagierten Jugendlichen nach Sobibór fahren, um aus dem Widerstand der KZ-Häftlinge vor 70 Jahren aktuelle Lehren zu ziehen", heißt es in Pressestatements der Bürgerinitiative. "Die Deutsche Bahn AG und ihre Finanzpartner im Vorstand der Stiftung EVZ werden den 'Zug der Erinnerung' nicht aufhalten können."

"Da war Deutschland nicht dabei"

Zu den Feierlichkeiten reisen die wenigen Überlebenden des Sobibór-Aufstands an, u.a. aus den USA und aus den Niederlanden. Einige waren erst 15 oder 16 Jahre alt, als sie 1943 am bewaffneten Kampf gegen die deutschen Terrorkommandos teilnahmen. Delegationen mehrerer hundert Jugendlicher, die heute dasselbe Alter haben, kommen u.a. aus Polen und Israel. Zu den Teilnehmern gehören internationale Regierungsvertreter auf Ministerebene - nur die Bundesrepublkik Deutschland bleibt namenlos und versteckt sich im Diplomatischen Corps: Keinen Euro für Sobibór, weil Deutschland dort keine "Inhaftierten" hatte. "Da war Deutschland nicht dabei" - aber hinterließ über 150.000 Leichen




Sobibór-Gedenken trotz Boykott

Bahn-Vorstand Dr. Rüdiger Grube (Dritter v.r.) bei der Übergabe einer DB-"Spende" an den EVZ-Vorstand Dr. Martin Salm (Dritter v.l.) im Juli 2009. In der Mitte der damalige Bundesverkehrsminister Tiefensee sowie Bundestagsabgeordnete des Verkehrsausschusses. Bei der sogenannten Spende (175.000 Euro) handelte es sich um DB-Einnahmen, die der "Zug der Erinnerung" für seine Gedenkarbeit an das Unternehmen zahlen musste ("Trassengebühren"). Die EVZ behielt 25.000 Euro ein, bevor sie den Restbetrag an die Bürgerinitiative weiterleitete.

Der "Zug der Erinnerung" wird im kommenden Monat die Opfer des NS-Vernichtungslagers Sobibór ehren – trotz Entzug der dafür notwendigen  Mittel durch die Deutsche Bahn AG und durch deren Finanzpartner im Vorstand der Bundesstiftung EVZ ("Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"). "Wir werden mit engagierten Jugendlichen nach Sobibór fahren, um aus dem Widerstand der KZ-Häftlinge vor 70 Jahren aktuelle Lehren zu ziehen", heißt es in Pressestatements der Bürgerinitiative. "Die Deutsche Bahn AG und ihre Finanzpartner im Vorstand der Stiftung EVZ werden den 'Zug der Erinnerung' nicht aufhalten können. Die fehlenden Gelder hoffen wir durch unsere laufende Spendenkampagne aufzubringen."

Drohungen

Die Bundesstiftung EVZ, die auf internationalen Druck 2000 gegründet wurde, steht unter der Kontrolle des Bundeskanzleramts und des Bundesfinanzministeriums. Durch Verteilung von Steuergeldern und Industriebeiträgen an überlebende NS-Opfer im Ausland soll sie deutsche Exportunternehmen vor Klagen schützen. Über diesen "Rechtsfrieden" wachen als Kuratoriumsvorsitzende hochrangige Vertreter der deutschen Wirtschaft. Nach wiederholter Kritik an der Zusammenarbeit zwischen EVZ und der Deutschen Bahn AG zu Lasten von NS-Opfern hatte der Stiftungsvorstand dem "Zug der Erinnerung" bereits im März 2013 mit Förderentzug gedroht.

Knebelvertrag

Von der Bürgerinitiative war verlangt worden, die verschwiegene Zusammenarbeit zwischen EVZ-Vorstand und DB AG öffentlich gutzuheißen. Kontakte zu Abgeordneten des Deutschen Bundestags sollte der "Zug der Erinnerung" in Konfliktfällen  unterlassen, ansonsten würde er mit Förderentzug bestraft. Diesen Knebelvertrag, den wir hier veröffentlichen, nannte der Verein "nötigend" und "rechtswidrig". Als  die Bürgerinitiative  die Unterschrift verweigerte, schloss sie der EVZ-Vorstand Ende Juni von jeglicher Förderung aus – jetzt und für alle Zeiten.

Abgelehnt

Der "Zug der Erinnerung" antwortete im Juli mit einem Klageantrag vor dem Verwaltungsgericht Berlin (VG 26 L 343.13).  Ende August musste der Stiftungsvorstand klein beigeben und den pauschalen Förderausschluss fallen lassen.

Aber trotz dieser Niederlage setzt der EVZ-Vorstand seine Boykottversuche fort. Laut EVZ-Vorstand bestehe jetzt die Gefahr, daß der "Zug der Erinnerung" Fördergelder stehlen oder unterschlagen könnte.

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Sobibór: Den Widerstand ehren!

Der "Zug der Erinnerung" ruft zur Ehrung des Widerstands der Sobibór-Häftlinge auf. Sie hatten im Oktober vor 70 Jahren einen Ausbruchsversuch unternommen und die Wachen des Vernichtungslagers überwältigt.

Daran beteiligt war die junge deutsche Jüdin Gertrude Poppert, geb. Schönborn (Foto). Ihre kurze Lebensgeschichte und den Häftlingswiderstand thematisierte die diesjährige Zug-Ausstellung, die Mitte Juni in Dortmund zu Ende ging.

Die Spendenkampagne für die Finanzierung der Fahrt (1000 mal 40 Euro) hält an.

Das Beispiel des Sobibór-Aufstands könne Mut machen, hatten die Zugbegleiter im Mai und Juni bei ihren Einführungen für Jugendgruppen auf 10 deutschen Bahnhöfen immer wieder betont. Mit den engagiertesten dieser Jugendlichen will der Zug im Herbst zum heutigen Gedenkort Sobibór fahren.

Über die dafür notwendigen Mittel verfügt der "Zug der Erinnerung" nicht - er musste sie an die Deutsche Bahn AG zahlen. Allein mehr als 10.000 Euro hat der Zug für die Nutzung der Schienen und Bahnhöfe bei der jüngsten Gedenkfahrt für die Sobibór-Opfer hinterlegt - trotz vieler Proteste.

Weitere 40.000 Euro aus den "Trassen-" Gebühren der vergangenen Jahre hat die DB AG an die Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ) durchgereicht - mit der ausdrücklichen Auflage, das Geld sei auf keinen Fall für den "Zug der Erinnerung" bestimmt. Ob die "Bundesstiftung" EVZ nun wenigstens die geplante Sobibór-Ehrung der Jugendlichen im Oktober fördert, ist unklar.

Der "Zug der Erinnerung" bittet die deutsche Öffentlichkeit dringend, die Sobibór-Aktivitäten auch finanziell zu stützen (Spendenkampagne).

Weder die Bundesregierung noch das Nachfolgeunternehmen der kriminellen "Reichsbahn" haben es 2013 für nötig gehalten, die nach Sobibór verschleppten NS-Opfer, darunter tausende Kinder und Jugendliche, in besonderer Weise zu ehren - aber die Gebeine der Massenmörder von Sobibór werden von der Bundesrepublik seit Jahrzehnten auf einem deutschen Soldatenfriedhof gepflegt.




Aufruf:
Für die Sobibór-Opfer

Nach Abschluss des ersten Teils der Fahrt zur Gedenkstätte Sobibór appelliert der "Zug der Erinnerung" unverändert an die deutsche Öffentlichkeit, den Opfern des Vernichtungslagers Ehre zu erweisen - gegen alle Widerstände (Aufruf).

Für dieses Gedenken verlangt die Deutsche Bahn AG voraussichtlich 10.000,00 Euro. Weitere 40.000,00 Euro, die der "Zug der Erinnerung" bereits bisher zahlen musste, hat die DB AG an eine "Bundesstiftung" unter Kontrolle des Finanzministers weitergereicht - mit der ausdrücklichen Maßgabe, diese Gelder seien auf keinen Fall für den "Zug der Erinnerung" bestimmt.

Eine Förderung des Sobibór-Gedenkens im Mai und Juni hat die "Bundesstiftung" (EVZ) abgelehnt.

Deswegen, heißt es in einer Pressemitteilung, müsste die geplante Fahrt über mindestens 10 deutsche Bahnhöfe eigentlich abgesagt werden. Eine solche Genugtuung werde man den Verantwortlichen aber nicht gewähren. "Die Bemühungen der Deutschen Bahn AG, das Gedenken von den Gleisen zu bekommen", seien "vergeblich". "Die DB AG ist das Nachfolgeunternehmen der 'Reichsbahn' und historische Erbin der Mordbeihelfer". Je länger sich das Unternehmen sträube, seine historische Erbschaft anzuerkennen, desto größer werde der internationale Rufschaden sein.

In dem Aufruf wird die deutsche Öffentlichkeit um Hilfe gebeten. Es fehlten "1000 mal 40 Euro", also genau der Betrag, den die DB AG dem "Zug der Erinnerung" ausdrücklich entziehen wolle.

Der Erfolg der Kampagne steht und fällt mit der Verbreitung im Netz. Aber auch Printausgaben des Aufrufs stehen beim "Zug der Erinnerung" zur Verfügung (info@zugde.eu). Über die Spendeneingänge informiert diese Seite regelmäßig.




DB AG: Revisionistische Lügen

 
Wenige Stunden vor ihrer Ermordung blicken diese ungarischen Juden in die Kamera eines SS-Fotografen. Waggons der "Deutschen Reichsbahn" (DR) haben die Opfer des NS-Rassismus an die Rampe von Auschwitz gebracht. Tausende solcher Transporte fanden überall in Europa statt und führten sowohl in die Vernichtungslager wie in unzählige Zwangseinrichtungen der Eroberer.

Die "Reichsbahn"-Waggons waren die Vorhölle des Todes; hier spielten sich unvorstellbare Kämpfe um das Überleben ab. Nur wenige Berichte geben Auskunft über die Erniedrigung, die Verzweiflung und das Ende auf den Schienen. Die Zahl der in den "Reichsbahn"-Waggons begangenen Suizide ist unbekannt. Niemand weiß, wieviele Menschen auf den Schotter der deutschen Gleiskörper geworfen wurden, nachdem sie in den Waggons verdurstet, verhungert oder erstickt waren.

Die "Reichsbahn"-Deportationen nach Sobibór oder Auschwitz, nach Treblinka oder Majdanek sind integraler Bestandteil der Shoah und gehören zum Weg in die Gaskammern. Wer diesen Zusammenhang leugnet, leugnet das System des Holocaust.

Die revisionistischen Lügen der DB AG, die die historischen Tatsachen in Abrede stellt, beweisen zum wiederholten Mal, daß die Bahn den "Zug der Erinnerung" nicht umsonst behindert. Weil die Bürgerinitiative auf die Rolle des DB-Vorgängerunternehmens hinweist und die Forderungen überlebender Opfer unterstützt, ist sie dem DB-Vorstand lästig. Für das geplante Gedenken an die "Reichsbahn"-Deportationen vor 70 Jahren nach Sobibór rechnet der "Zug der Erinnerung" mit DB-Forderungen in Höhe von 10.000,00 Euro. Weitere 40.000,00 Euro hat die DB AG dem Zug in der Vergangenheit entzogen ("Trassen und Bahnhofsgebühren"). Das Unternehmen verschiebt diese Gelder an eine Bundesstiftung unter Kontrolle des Bundesfinanzministers ("Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft") mit der Auflage, sie seien auf keinen Fall für den "Zug der Erinnerung" bestimmt.

Um die Zahlung von Schmerzensgeld an frühere Deportationsopfer abzuwehren, greift die DB AG zu revisionistischen Lügen, schreibt der "Zug der Erinnerung" in einer aktuellen Pressemitteilung. Laut DB AG besteht zwischen den millionenfachen "Reichsbahn"-Transporten an die KZ-Rampen und dem folgenden Vernichtungsgeschehen"keine innere Verbindung". Die Freiheitsbraubung der Opfer habe "außerhalb des Einflußbereichs der Reichsbahn" gelegen.

Diese und andere Behauptungen verbreitet der DB-Vorstand in einem Schriftsatz der Berliner Anwaltskanzlei "Redeker/ Sellner/ Dahls". Die Kanzlei hat den DB-Auftrag, gegen einen hochbetagten Überlebenden der "Reichsbahn"-Deportationen vorzugehen, weil er Anspruch auf Schmerzensgeld erhebt.

Der "Zug der Erinnerung" wirft DB-Vorstandschef Dr. Rüdiger Grube vor, er habe eine schwerwiegende Verfälschung der historischen Wahrheit zu verantworten. Die tatsächliche Aufgabe der "Reichsbahn" bei den Menschheitsverbrechen sei die eines logistischen Zulieferers gewesen. Ohne die Massentransporte der "Reichsbahn" hätten Morde des bewiesenen Umfangs nie stattfinden können.

Demnach gingen "Reichsbahn" und "Reichssicherheitshauptamt" arbeitsteilig vor: Die "Reichsbahn" garantierte der SS die zeitgerechte Zuführung von Millionen Menschen in die Lager; die SS bezahlte der "Reichsbahn" diese Mordbeihilfe nicht nur mit Beförderungsgeldern, sondern auch mit kostengünstigen Arbeitskräften aus den Zwangs- und Sklavenkontingenten.

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Gedenken trotz Boykott

Die Beihilfe der "Deutschen Reichsbahn" dauerte bis zur letzten Stunde des NS-Terrors. Noch im April 1945 ließ die "Reichsbahn" tausende Güterwagen durch das deutsche Kriegsgebiet irren, um KZ-Gefangene, Sklavenarbeiter und andere Verschleppte nicht in die Hände der alliierten Truppen fallen zu lassen. Der Tod dieser Menschen durch Bombardements auf den ungeschützten Gleisen wurde billigend in Kauf genommen. Das Foto entstand am 13. April 1945 in der Nähe von Farsleben (bei Magdeburg) und zeigt befreite Insassen eines "Reichsbahn"-Zuges, den das 743. US-Panzerbattallion stoppen konnte. Der Transport kam aus dem KZ Bergen-Belsen. Er sollte "nach Osten" gehen.

Das Nachfolgeunternehmen der logistischen Mordbeihelfer, die Deutsche Bahn AG, leugnet bis heute die unmittelbare Verantwortung der "Reichsbahn" für die Menschheitsverbrechen. Die DB AG behauptet, die Freiheitsberaubung der Gefangenen hätte "außerhalb des Einflussbereichs" der "Reichsbahn" gelegen. Die Überlebenden würden keinerlei Anspruch auf materielle Haftung haben, sondern müssten sich mit "humanitärer" Hilfe begnügen.

Der "Zug der Erinnerung" akzeptiert solche Ausflüchte nicht und verlangt öffentlich, daß die "Reichsbahn"-Erben ihre tatsächlichen Schulden vollständig begleichen müssen. Die DB AG fürchtet diese Forderung. Mit technischen und finanziellen Auflagen versucht das Unternehmen, den "Zug der Erinnerung" von den Schienen zu bringen.

Trotz massiver Boykottversuche der DB AG und ihres Eigentümers will der "Zug der Erinnerung" von den Opfern der Massendeportationen in das Vernichtungslager Sobibór Abschied nehmen (Pressemitteilung). Für das geplante Gedenken verlangt die DB AG ca. 10 Tausend Euro Gebühren und verweigert die Rückgabe der bisher entzogenen Gelder in Höhe von 40 Tausend Euro. Sie waren für das Gedenken an die Sobibór-Opfer bestimmt. Die Todesfahrten mit der "Deutschen Reichsbahn" fanden vor 70 Jahren statt. In einem bundesweit verbreiteten Aufruf bittet die Bürgerinitiative um Unterstützung (Flyer).

Im Frühsommer 1943 liess das NS-Regime tausende "Reichsbahn"-Waggons durch Deutschland und durch die besetzten Staaten rollen, um das beabsichtigte Mordprogramm an insgesamt 11 Millionen Menschen zu beschleunigen. Am 1. Juni 1943 verliess ein "Reichsbahn"-Transport mit 594 Kindern das NS-"Durchgangslager" Westerbork im okkupierten Holland; am 8. Juni folgte ein weiterer Transport mit 1.296 Kindern und Jugendlichen. Nach dreitägiger Fahrt, die u.a. über Berlin führte, erreichten die verschlossenen Waggons ihr Ziel. Im Vernichtungslager Sobibór wurden die Deportierten sofort erschossen oder vergast. Von dem Transport am 8. Juni kehrte niemand zurück.

Der "Zug der Erinnerung" soll auf mindestens 10 deutschen Bahnhöfen halten (darunter Dortmund, Bielefeld, Hannover, Braunschweig, Magdeburg, Wittenberge, Berlin, Frankfurt/Oder). Eine besonderer Bahnhofsaufenthalt ist in Wolfsburg vorgesehen. Dort hat das lokale Bündnis "Schulterschluss" den Zug eingeladen, um gegen eine Demonstration von NS-Wiedergängern zu mobilisieren.

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Erinnerung muss konkret werden

An eine grausame Mordaktion der deutschen NS-Rassisten erinnert in Dortmund das Mahnmal im Stadtteil Hombruch. Um die terroristischen Spuren ihrer europaweiten Herrschaft zu verwischen, ließ die Berliner Regierung noch in den letzten Kriegstagen tausende politische Gefangene und Arbeitssklaven umbringen. In Dortmund organisierte die örtliche Geheime Staatspolizei die Mordaktion.

Den Erschiessungen und Lynchtaten fielen etwa 300 Geiseln aus der UdSSR, aus Polen, Jugoslawien, Frankreich, Belgien und den Niederlanden zum Opfer. Auch deutsche Gefangene, die der Mitgliedschaft in Widerstandsgruppen verdächtigt wurden, ließ das Regime in Dortmund ermorden.

Zu diesen Gefangenen gehörte Fritz Müller, ein Arbeiter aus dem ländlichen Meinerzhagen im Sauerland. Ihn und die Leichen seiner mit Stacheldraht gefesselten, durch Genickschüsse ermordeten Mitstreiter fanden die Alliierten Ende April auf dem Dortmunder Mordgelände vor. Eine Aufarbeitung der Umstände, die zur Verhaftung und schliesslichen Ermordung der Gruppe um Müller führte, steht noch immer aus.

Die „Botschafter_innen der Erinnerung“ sind Teilnehmer des jährlichen Dortmunder Gedenkens, das sie -wie hier 2011- auch moderieren.

Zwischen 7. März und 12. April 1945 ermordeten Polizeibeamte in einem Dortmunder Stadtwald etwa 300 ausländische Zwangsarbeiter und Angehörige des deutschen Widerstands. Die Morde fanden wenige Tage vor der Befreiung statt. Über das Gedenken und den Einfluss der Erinnerung auf die Gegenwart sprachen wir mit Andreas Roshol. Er ist Projektkkordinator beim Jugendring Dortmund.

ZdE: An der diesjährigen Ehrung der Ermordeten nehmen in Dortmund Jugendliche teil, die sich als „Botschafter_innen der Erinnerung“ verstehen. Warum „Botschafter“?

Roshol: Diese Bezeichnung kam zustande, nachdem Dortmunder Jugendliche 2010 von einer Fahrt zur Gedenkstätte Auschwitz zurückkehrten. Sie waren mit dem „Zug der Erinnerung“ nach Auschwitz gefahren und was sie von dort mitbrachten, war eine Botschaft: Wir sind in der Pflicht. Wir wollen auch andere in die Pflicht nehmen: sich zu erinnern und vor allem – zu handeln.

Wie ist das in Dortmund angekommen?

Roshol: Diese Jugendlichen haben sich an den Oberbürgermeister gewandt mit der Bitte, ihnen zuzuhören. Sie haben ihm vorgeschlagen, ihn nach Auschwitz zu begleiten, um auf kommunaler Ebene Konsequenzen zu ziehen.

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Wenn wir uns widersetzen…

Westerbork (besetzte Niederlande 1943): In dem SS-"Durchgangslager" befanden sich tausende Kinder und Jugendliche, die nicht ahnten, daß sie von Westerbork in den Tod geschickt werden sollten - darunter zahlreiche Kinder aus Deutschland, die mit oder ohne Eltern in die Niederlande geflohen waren, aber von den deutschen Besatzungstruppen eingeholt wurden.

Vor 70 Jahren gingen die "Reichsbahn"-Transporte von Westerbork vor allem nach Sobibór, einem SS-Lager der "Aktion Reinhardt". Die Einrichtungen des Lagers waren auf die sofortige Ermordung der Deportierten ausgelegt. Sie wurden noch am Ankunftstag erschossen oder dem Tod durch Gas ausgesetzt.

70 Jahre nach den Sobibór-Massentransporten finanzieren die Regierungen der Niederlande, von Polen, der Tschechischen Republik und Israel den Neubau einer Gedenkstätte. Bis zuletzt hat sich die Bundesregierung geweigert, an dieser Finanzierung teilzunehmen - angeblich, weil sie dazu nicht aufgefordert wurde. Über die Widersprüche der staatlichen deutschen Gedenkpolitik informiert eine Pressemitteilung der Bundestagsabgeordneten Agnes Krumwiede.

Vor 70 Jahren, am 27. Februar 1943, begann in deutschen Städten die "Großaktion Juden": Mehrere zehntausend Menschen wurden von den Behörden in NS-Rüstungsbetrieben verhaftet. Dort leisteten sie Zwangsarbeit. Einige waren von den antisemitischen Massendeportationen bisher verschont geblieben, weil sie in Ehen mit nicht-jüdischen Partnern lebten oder als "Mischlinge" galten.

Unter den Verhafteten befand sich ein 15jähriger Junge: Horst Selbiger. Er überlebte die Großrazzia, weil sie auf entschlossenen Widerstand stieß. 70 Jahre nach den Ereignissen sprachen wir mit Horst Selbiger, der heute Vorsitzender der "Child Survivors Deutschland" (Überlebende Kinder der Shoah) ist.

Frage: Wo waren Sie an diesem 27. Februar vor 70 Jahren?

Horst Selbiger: Der 27. Februar 1943 war ein Samstag, ein kalter Wintertag. Mein Zwangsarbeitsplatz befand sich in einer Berliner Munitionsfabrik. Ich stand an einem stinkenden Behälter mit Nitrochlorethylen, einer giftigen Flüssigkeit, in der ich Metallteile waschen musste.

Frage: Seit wann mussten Sie Zwangsarbeit leisten?

Horst Selbiger: Seit die jüdischen Schulen geschlossen worden waren, seit 1942...Ich stand da in Hemd und Hose, wir hatten die Arbeit gerade begonnen, da hörten wir Stiefelschritte. Es waren die Stiefel der "Leibstandarte Adolf Hitler", die in ganz Berlin Betriebe abriegelte, in denen Juden beschäftigt waren.

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Transport No. 15

Zu den Inhaftierten im SS-"Durchgangslager" Westerbork gehörten tausende Kinder und Jugendliche, die nicht ahnten, daß sie von Westerbork in den Tod geschickt werden sollten - darunter zahlreiche Kinder aus Deutschland, die mit oder ohne Eltern in die Niederlande geflohen waren, aber von den deutschen Besatzungstruppen eingeholt wurden.

Vor 70 Jahren gingen die "Reichsbahn"-Transporte von Westerbork vor allem nach Sobibór, einem SS-Lager der "Aktion Reinhardt". Die Einrichtungen des Lagers waren auf die sofortige Ermordung der Deportierten ausgelegt. Sie wurden noch am Ankunftstag erschossen oder dem Tod durch Gas ausgesetzt.

70 Jahre nach den Sobibór-Massentransporten finanzieren die Regierungen der Niederlande, von Polen, der Tschechischen Republik und Israel den Neubau einer Gedenkstätte. Bis zuletzt hat sich die Bundesregierung geweigert, an dieser Finanzierung teilzunehmen - angeblich, weil sie dazu nicht aufgefordert wurde. Über die Widersprüche der staatlichen deutschen Gedenkpolitik informiert eine Pressemitteilung der Bundestagsabgeordneten Agnes Krumwiede.

 
70 Jahre nach den Verbrechen an tausenden Kindern im NS-Vernichtungslager Sobibór, von Mai bis Juni 2013, will der "Zug der Erinnerung" die Ermordeten ehren und in ihre deutschen Heimatregionen fahren (In Aussicht genommene Haltepunkte u.a.: Leer, Oldenburg, Dortmund, Bielefeld, Hannover, Braunschweig, Magdeburg, Rathenow/Brandenburg, Potsdam, Berlin und Frankfurt/Oder).

Wir laden dazu ein, von den Kindern und Jugendlichen Abschied zu nehmen - auf den Bahnhöfen, auf den ihnen vor 70 Jahren niemand half.

Damals, im Mai und Juni 1943, verliessen hunderte "Reichsbahn"-Waggons das SS-"Durchgangslager" Westerbork in den besetzten Niederlanden. Die Deportationen galten der jüdischen Bevölkerung Hollands und den aus Deutschland geflohenen Emigranten. Ziel war Sobibór.

Die Massenverschleppungen nahmen immer größere Ausmaße an, als Transport No.15 die Grenze überquerte und auf dem deutschen Schienennetz "nach Osten" fuhr: In den 46 Waggons saßen 1.145 Kinder und Jugendliche, zusammen mit 2.000 weiteren Opfern.

Nach drei Tagen erreichten die verplombten Waggons das Dorf Sobibór im besetzten Polen. An einer Rampe wurden die Verschleppten selektiert, die 1.145 Kinder und Jugendlichen binnen Stunden im Gas ermordet. Von Transport No.15 kehrte niemand zurück.

Die "Reichsbahn"-Waggons, die vor 70 Jahren durch Deutschland fuhren, hätten gestoppt werden können, und die Kinder des Transports No.15 könnten leben – wenn Rassismus und nationalistischer Größenwahn auf entschlossenen Widerstand gestoßen wären.

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Transport No. 1

In das Durchgangslager Westerbork wiesen die NS-Besatzer fast sämtliche jüdische Familien ein, der sie in den Niederlanden habhaft werden konnten. Dazu gehörten auch deutsche Emigranten, die vor dem NS-Terror geflohen waren und sich nach der deutschen Okkupation in einer Falle befanden. Eine der in Westerbork Inhaftierten war die 18-jährige Doris Katz. Nach ihrer Schulzeit in Michelstadt (Hessen) und den antisemitischen Pogromen im November 1938 hatten die Eltern Doris nach Amsterdam geschickt, wo sie von einem "Kinderkomitee" im Jüdischen Mädchen-Waisenhaus untergebracht wurde. Als die deutschen Besatzer im Februar 1943 den Befehl zur Räumung gaben, kam Doris Katz nach Westerbork - zu den dort internierten anderen Kindern und Jugendlichen aus ganz Holland (Foto: Lager Westerbork 1942/1943). mehr
 
 
 
 
 
 
 

Vor siebzig Jahren begannen die Massendeportationen aus Westerbork (in den okkupierten Niederlanden) nach Sobibór (im deutsch besetzten Polen). Westerbork war von den NS-Besatzern als "Durchgangslager" eingerichtet worden, um die in Holland verhafteten Juden in den Tod "nach Osten" zu schicken. Ab März 1943 hieß dieses Ziel Sobibór.

In der unmittelbaren Nähe von Sobibór, einem Dorf an der polnisch-sowjetischen Grenze, ließ die SS auf insgesamt 60 Hektar eine Vernichtungsanlage errichten. Anders als in Auschwitz war in Sobibór die sofortige Ermordung der Deportierten beabsichtigt, Zwangsarbeit für die deutsche Kriegsindustrie blieb eine Ausnahme. Unter den Ermordeten befinden sich tausende Kinder und Jugendliche. Bereits im ersten Sobibór-Transport ab Westerbork werden 149 Kinder gelistet. Mit jeder neuen Deportation im Wochen-Rhythmus nahm die Zahl der Minderjährigen zu. Transport No.15 verzeichnet 1.145 Kinder, darunter Kinder deutscher Emigranten. Sie alle wurden noch am Ankunftstag einem grausamen Tod durch Gas ausgesetzt.

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Vor 70 Jahren…

2013 jähren sich die Massendeportationen aus dem Zwangslager Westerbork (Niederlande) in das NS-Vernichtungslager Sobibor (Polen) zum siebzigsten Mal. Unter den Verschleppten, die noch am Ankunftstag vergast wurden, befanden sich mehrere Tausend Kinder und Jugendliche (Foto: Abtransport in Westerbork).

Ihr Schienenweg in die Vernichtung führte durch zahlreiche deutsche Städte, doch niemand schritt ein. Die reibungslose Verbrechenslogistik stellte die "Deutsche Reichsbahn" zur Verfügung. Ohne die Zuarbeit des staatlichen Unternehmens wäre ein Mordplan diesen Umfangs niemals zu realisieren gewesen. Trotzdem wurden die Organisatoren nicht zur Verantwortung gezogen. Keiner der überlebenden "Reichsbahn"-Täter musste büßen. Der "Zug der Erinnerung" wird das Gedenken an die Opfer der Sobibor-Deportationen und die Benennung der Täter in den Mittelpunkt seiner diesjährigen Aktivitäten stellen.




Opfer verlangen Rechenschaft

Als 11jähriges Mädchen wurde Margot Kreuzer aus Hannover verschleppt und mit der NS-"Reichsbahn" nach Terezin (Theresienstadt) deportiert. Auf ihrem Ausweis, der mit einem „J“ markiert worden war, hatte sie als Zweitnamen "Sarah" einzutragen. Den Vernichtungstransporten von Theresienstadt nach Auschwitz entging sie durch Zufälle und Glück.

Nach der Befreiung kehrte ihre Familie nach Hannover zurück. Über die NS-Verbrechen und die Demütigungen, die nach 1945 weiter gingen, schwieg sie 50 Jahre. Ihre Kinder waren fast erwachsen, als die verheiratete Margot Kleinberger zu erzählen begann. Seitdem gehörte sie zu den Überlebenden, die gegen das Vergessen auftraten. Gemeinsam mit ihrem Ehemann David unterstützte sie zahlreiche Initiativen in Hannover und half dem "Zug der Erinnerung" auf seiner Fahrt durch Deutschland.

Margot Kleinberger, geb. Kreuzer, verstarb Anfang Januar im Alter von 81 Jahren. Die deutsche Zivilgesellschaft bleibt dem Andenken von Margot Kleinberger, sel., verpflichtet.

Die überlebenden "Reichsbahn"-Opfer in Osteuropa geben nicht nach und verlangen von dem Nachfolgeunternehmen (Deutsche Bahn AG) Rechenschaft über unterschlagene Deportationseinnahmen. (Pressemitteilung/Press Release).

Eine erste Klage wurde am 31. Dezember 2012 in Frankfurt a.M. eingereicht. Der ukrainische Kläger war mit 17 Jahren von der NS-"Reichsbahn" nach Deutschland verschleppt worden, wo er bei der NS-"Lufthansa" Zwangsarbeit leisten musste. Von der heutigen Lufthansa verlangt er Nachzahlungen der ihm vorenthaltenen Stundenlöhne, von der Deutschen Bahn AG ein Schmerzensgeld. Auch in den USA wird von NS-Nachfolgeunternehmen und deren Kollaborateuren Rechenschaft gefordert. Bitte hören Sie dazu den Bericht in "Radio Z".


Abgespeist

Radio Z berichtet: Zwischen 1933 und 1945 wurden Hunderttausende Menschen deportiert, verschleppt und zur Zwangsarbeit herangezogen, nur ein Bruchteil dieser Menschen hat diesen Terror überlebt. Doch die Überlebenden werden seit Jahren mit minimalen Entschädigungshäppchen abgespeist oder eine finanzielle Wiedergutmachung verweigert. So streitet auch die Deutsche Bahn seit Jahrzehnten sämtliche Forderungen von Überlebenden ab, die als Deportierte und ZwangsarbeiterInnen unter dem Tun der Deutschen Reichsbahn zu leiden hatten. Eine vor kurzem eingereichte Klage und ein Gesetzentwurf in den USA könnten nun für eine Veränderung sorgen.




Der Vorstand der Bürgerinitiative bedankt sich für die Unterstützung, die er 2012 erhalten hat.

Ihre Mitarbeit und Ermutigung hat geholfen, an die Opfer zu erinnern, die Täter zu benennen und mit deren Erbschaft zu brechen.




Rückkehr unerwünscht

Bei seiner jüngsten Fahrt durch die Südpfalz (hier: Eröffnung der mobilen Ausstellung in Pirmasens-Nord) erreichte der "Zug der Erinnerung" in zwei Wochen auf sechs Stationen über 13 Tausend Besucher. Das seit 2007 von einer Bürgerinitiative betriebene Projekt gehört zu den prominentestern Gedenkinitiativen des vergangenen Jahrzehnts. Bisher 430.000 Gäste kamen auf 142 Bahnhöfen in den Zug. Er war seit Beginn heftigen Angriffen der Deutschen Bahn AG ausgesetzt, die auch gewalttätig gegen das Gedenken an die Opfer des Vorgängerunternehmens ("Deutsche Reichsbahn") vorging. Mit immer neuen technischen Einreden und finanziellen Forderungen hat die DB AG den "Zug der Erinnerung" jahrelang behindert (Pressemeldungen), ohne ihn zum Stehen bringen zu können. Für den Umgang der DB AG mit dem "Zug der Erinnerung" persönlich verantwortlich ist der "Beauftragte für Wirtschaft und Politik" beim DB-Vorstand, Georg Brunnhuber (CDU). Er kann auf die volle Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums zählen. Dort ist Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) Kooperationspartner der DB AG und hat die jüngste Antwort der Bundesregierung zum "Zug der Erinnerung" unterzeichnet.

Anläßlich des Gedenkens an die Novemberpogrome von 1938 veröffentlichen wir eine Übersicht, die das bis dahin erreichte Ausmaß der rassistischen deutschen Verfolgungsverbrechen ausweist. Die ersten Deportationen und Morde fanden bereits 1933 statt und setzten sich in Wellenform bis 1938 fort. Bevor es zu den antisemitischen Massenausschreitungen im November 1938 kam, dokumentiert ein (unvollständiger) Überblick seit Jahresanfang bis Ende Oktober 1938 mindestens 30 Transporte in Konzentrationslager und innerdeutsche Vernichtungsstätten (Ermordung "lebensunwerten Lebens", Aktion T 4). In diesem kontinuierlichen Geschehen sind die Abschiebungen nach Polen ("Polen-Aktion") und die Pogrome vom 9./10. November 1938 vorläufige Höhepunkte einer beinahe alltäglichen Systematik, die in der Folgezeit radikalisiert wurde. An den Verbrechen waren tausende Deutsche in unterschiedlicher Intensität als Beihelfer beteiligt. Soweit Deportationen über größere Strecken und mit höherer Personenzahl stattfanden, stellte die "Deutsche Reichsbahn" die Transporteinheiten.

14. Januar 1938: Deportation von 120 Personen aus Heilanstalt Nietleben u.a. nach Bernburg und Brandenburg (Tötungsvorhaben T 4); 24. März 1938: Deportation von politischen Häftlingen aus Zuchthaus Waldheim nach KZ Buchenwald; 1. April 1938: Deportation von 150 österreichischen NS-Gegnern aus Wien nach KZ Dachau; 12. April 1938: Deportation von vier Personen aus Heilanstalt Langendorf u.a. nach Bernburg und Brandenburg (Tötungsvorhaben T 4); 19. April 1938: Deportation einer unbekannten Anzahl von Personen aus Polizeigefängnis Nürnberg nach KZ Dachau; 30. April 1938: Deportation von 93 Persopnen aus Heilanstalt Bethel nach Anstalten Haina und Merxhausen (Tötungsvorhaben T 4);

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Betrug an der Öffentlichkeit

Die Deutsche Bahn AG weigert sich, die Trassen- und Bahnhofsgebühren für den "Zug der Erinnerung" (seit Juli 2009 ca. 60.000.- Euro) an den gemeinnützigen Verein zurückzuzahlen. Bei den 60.000 Euro handelt es sich um Spendengelder, die tausende Besucher der Bürgerinitiative zur Verfügung stellten, um das Gedenken an die Deportationsopfer der NS-"Reichsbahn" zu ermöglichen - zuletzt spendeten die Besucher für eine Gedenkfahrt in der Südpfalz, die Ende Oktober zu Ende ging (SAT 1 / Presse). Ohne die vollständige Rückzahlung der von der DB AG eingezogenen Gelder wird der "Zug der Erinnerung" seine Fahrten nicht fortsetzen.

Die Zahlungsverweigerung der DB AG findet die volle Zustimmung der Bundesregierung, ist der aktuellen Antwort auf eine parlamentarische Anfrage im Bundestag zu entnehmen. Dort heißt es, die DB AG werde lediglich einen Teilbetrag der geschuldeten Gelder erstatten, aber auf keinen Fall an den "Zug der Erinnerung", sondern an eine Berliner "Bundesstiftung" (EVZ). Die "Bundesstiftung" steht unter Kontrolle des Bundesfinanzministeriums. Dort könne der "Zug der Erinnerung" die Rücküberweisung eines kleinen Teils seiner Spendengelder "beantragen". Ob einem solchen "Antrag" nachgekommen werde, entscheide allein die "Bundestiftung" EVZ. Dies nennt die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke einen "Betrug an der Öffentlichkeit". Ziel sei es, den "Zug der Erinnerung", der seit über 5 Jahren die Verantwortung der Deutschen Bahn AG für die Verbrechen des Vorgängerunternehmens anmahnt, endlich lahmzulegen. (Medienbericht)




Auf dem Bahnhof fehlt jeder Hinweis

Schwere Verbrechen beging die "Deutsche Reichsbahn" an mehreren tausend sowjetischen Gefangenen, die sie aus ihrer Heimat verschleppte und in Pirmasens-Nord zu Zwangsarbeitern machte. Auch Kinder und Jugendliche missbrauchte die "Deutsche Reichsbahn" in "Biebermühle", wo sie in Barackenlagern hausen mussten (Foto). Direkt neben der "Reichsbahn-Baumeisterei" befand sich ein "Einschleusungslager für sowjetische Zwangsarbeitskräfte in den Gau Westmark". Aus dem Arbeitskräfterpotential dieses Lagers bediente sich nicht nur die "Reichsbahn". Pirmasenser Privatbetriebe forderten dort billigen Menschennachschub an. Gefangene, die trotz Erkrankung für die Kriegsindustrie gebraucht wurden, kamen in Waldfischbach in ein "Ostarbeiterkrankenhaus". Entkräftete Zwangsarbeiter und neugeborene Kinder wurden nur notdürftig versorgt oder dem Sterben überlassen. Nach der Befreiung ordnete die französische Verwaltung die Exhumierung der Zwangsarbeitergräber auf einem Acker bei Donsieders an. Die genaue Anzahl der in "Biebermühle" zu Tode gekommenen Gefangenen konnte nicht mehr festgestellt werden. Die sterblichen Überreste von 504 Opfern ließ die französische Verwaltung "in das Ehrenfeld...auf dem Waldfriedhof in Mainz-Mombach" überführen.

Der historische Nachfolger der "Deutschen Reichsbahn" (Deutsche Bahn AG) hat es bis heute unterlassen, an die Verbrechen in Pirmasens-Nord durch eine Ehrenstätte für die Toten zu erinnern. Auf dem verlassenen Bahnhof fehlt jeglicher Hinweis. Wer hier umsteigt und sich über die ausgedehnten Gleisanlagen wundert, wird über die NS-"Reichsbahn-Baumeisterei" im unklaren gelassen. Der "Zug der Erinnerung" muss der Deutschen Bahn AG für das Gedenken an die "Reichsbahn"-Opfer von Pirmasens-"Biebermühle" Gleis- und Bahnhofsgebühren zahlen. Eine Rückspende dieser Kosten an den Trägerverein verweigert das Unternehmen.

Nach überfüllten Ausstellungsaufenthalten in fünf Stationen der Südpfalz (Medienbericht SAT.1) steht der "Zug der Erinnerung" seit Montag früh auf dem Bahnhof Pirmasens-Nord (8 bis 18 Uhr). Der Zug wird dort noch bis Mittwoch bleiben. Eingeladen und seit Monaten vorbereitet haben den Aufenthalt mehrere Schulen in Thaleischweiler-Fröschen und der Pirmasenser Umgebung. Pirmasens gehört zu den aktuellen Aufmarschgebieten rassistischer Organisationen, die von den Verbrechen ihrer politischen Vorgänger ablenken wollen und ein Europa der "Völker" propagieren. Gemeint ist die Aufspaltung des Kontinents nach Blutsherkunft ("Rasse"). Höchste Vollkommenheit wird den "Ariern" (d.s. Deutsche) angedichtet. Der Rassenwahn hat in Pirmasens bereits einmal zu Mord und Totschlag geführt: In Pirmasens-Nord unterhielt die "Reichsbahn-Baumeisterei" ein großes Zwangsarbeiterlager für "Untermenschen" (siehe Foto rechts). Tausende Gefangene starben dort, wo der "Zug der Erinnerung" jetzt Halt macht. Auf dem Bahnhof ("Biebermühle") fehlt jeder Hinweis.

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Der sicherste Weg für den Verbrecher...

Nahezu eintausend Besucher täglich zählen die pädagogischen Zugbegleiter auf der mehrwöchigen Fahrt durch die Südpfalz. Dort kommt es zu öffentlichen Kontroversen über das Gedenken an die NS-Opfer und das Beschweigen der Täter, so in Neustadt. Der Anlass dieser Kontroversen sei "nichtig", schreibt das Lokalblatt "Rheinpfalz" in einem bezeichnenden Beitrag.

Bisher über 10.000 Besucher sind in der Südpfalz an den "Zug der Erinnerung" gekommen.

Medienberichte: SWR und SAT.1

Am Bahnhof Hassloch (täglich von 8 bis 19 Uhr) bildeten sich bereits in den ersten Stunden lange Schlangen, als hunderte SchülerInnen des Hannah-Arendt-Gymnasiums und der Realschule Plus durch die Ausstellungswaggons gingen. Auf die Ankunft des Zuges, der noch bis zum Samstag in Hassloch steht, hatten sich zivilgesellschaftliche Organisationen und kommunale Träger seit Monaten vorbereitet. Das Begleitprogramm reicht bis in den kommenden Januar.

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Brief ohne Antwort

Mordehren: Josef Bürckel, der tausendfachen Mordbeihelfer und Schuldige an der Deportation der Juden der Saarpfalz und Österreichs wird auf dem Friedhof von Neustadt mit einem repräsentativen Grab geehrt. Es fehlt jeder Hinweis auf die von Bürckel zu verantwortenden Massenverbrechen. Eine Bitte um Entfernung des Grabes hat der Neustädter Oberbürgermeister zurückgewiesen, den Brief einer Überlebenden der Deportationen vom Oktober 1940 ließ er unbeantwortet. Der „Zug der Erinnerung“ muss in Neustadt auf einem Halt abseits des Zentrums stehen (Neustadt-Böbig), weil ihm die DB AG auf dem Hauptbahnhof ein Gleis verwehrt.

Medienberichte: SWR und SAT.1

Weil für den „Zug der Erinnerung“ in Neustadt kein offizieller Empfang zustande kam, wird am Mittwoch, 24.10. um 12.30 Uhr auf dem Bahnhof Neustadt-Böbig eine Abschlussveranstaltung stattfinden, deren Träger der „Zug der Erinnerung“ ist.

An den Oberbürgermeister von Neustadt richtete Frau Wicki-Schwarzschild, eine Überlebende der NS-Massendeportationen aus der Pfalz, im August 2011 das folgende Schreiben. Oberbürgermeister Hans Georg Löffler hat es nie beantwortet. Anläßlich des heutigen Aufenthalts des "Zug der Erinnerung" auf dem S-Bahnhof Neustadt Böbig und mit Billigung von Frau Wicki-Schwarzschild veröffentlichen wir Auszüge:

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

....Anliegen ist es, in Neustadt Hinweistafeln anbringen zu lassen über die Verbrechen, die sich Josef Bürckel in seiner Eigenschaft als Gauleiter der Rheinpfalz hat zuschulden kommen lassen...Meine Familie und ich sind direkte Betroffene von der sogenannten Bürckel-Aktion: Mein Vater: Richard Schwarzschild (1898) war Jude, meine Muter (1909) Katholikin aber jüdisch getraut, meine Schwester Hannelore Wicki-Schwarzschild (1929) und ich Margot Wicki-Schwarzschild (1931), unsere Grossmutter Sarah Schwarzschild (1861)...

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Die Namenlosen von Schifferstadt

Am 19. Mai 1944 deportierten die deutschen Besatzungsbehörden das Sinti-Mädchen Settela Steinbach aus dem NS-Zwischenlager Westerbork (Niederlande). Zu dem Transport gehörten 244 weitere Gefangene, die verhaftet worden waren, weil sie als "Zigeuner" galten. Die "Reichsbahn"-Fahrt dauerte zwei Tage und Nächte und führte nach Auschwitz. Die 10jährige Settela, ihre Mutter, zwei Brüder, zwei Schwestern, ihre Tante, zwei Neffen und eine Nichte wurden in dem Vernichtungslager durch Gas ermordet.

Ob die "Reichsbahn" auch für diesen Transport die Südstrecke festlegte (wie im Fall Stein über Schifferstadt) oder eine Nordstrecke vorsah (über Bremen, Hannover, Magdeburg und Dresden) ist ungeklärt.

Am 07. August 1942 hielt ein "Reichsbahn"-Transport auf Gleis 3 in Schifferstadt - in Sichtweite steht z.Zt. der "Zug der Erinnerung".

(Medienberichte: SWR und SAT.1)

In den verschlossenen Waggons befanden sich 987 Personen. Ihre Namen waren auf der Deportationsliste "Nummer 34" vermerkt, bevor sie im
NS-Sammellager Westerbork (Niederlande) verladen wurden: holländische und deutsche Juden mit Ziel Auschwitz. Keiner kehrte zurück, nur einer wird mit ihrem Namen gedacht: der zum Katholizismus konvertierten Nonne Edith Stein. Wer gedenkt der 986 anderen? Wer erinnert an die mehr als siebzigtausend  Deportierten aus Westerbork, von denen ein großer Teil wahrscheinlich ebenfalls über den Bahnhof Schifferstadt nach Auschwitz fahren musste? Zu ihnen gehörte das Sinti-Mädchen Settela Steinbach
 (Foto rechts).

Diese "Reichsbahn"-Transporte leitete das NS-Verkehrsministerium aus dem besetzten Holland auf der Rheinschiene in die Pfalz und von dort nach Nürnberg, Dresden, Kattowitz und Auschwitz. Die Streckenführung sah einen Kurzhalt in Schifferstadt vor. Die Züge hielten hier bei Tage und konnten von jedermann eingesehen werden. Hilfe, und wäre sie noch so bescheiden gewesen, ist an keinem der Deportationszüge verbürgt.

Obwohl sich bis zu 1.500 Menschen an den verdrahteten Luftluken der unzähligen Waggons drängten, darunter Frauen und Kinder, behaupteten Zeitzeugen später, sie hätten an angebliche "Gefangenentransporte" mit Kriminellen geglaubt.

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Wachsam sein!

In Germersheim begann die Aussonderung jüdischer Schüler 1935. Die Bezirksschulbehörde ordnete am 24. September an, sämtliche Kinder "nichtarischer Abstammung" zu melden. An dieser diskriminierenden "Erfassung" beteiligte sich das Lehrpersonal. Der "Nachweis der Rassezugehörigkeit" ergab, daß aus Hagenbach 1 Hauptschüler "Volljude" war. In Kandel und Leimersheim wurde ebenfalls 1 Schüler als "Volljude" bezeichnet. In Rülzheim traf diese demütigende Bezeichnung auf 12 Hauptschüler zu. Ihre Familien gehörten zur Ortsbevölkerung und gingen bürgerlichen Berufen nach (Foto: Familie Rosenbaum vor ihrem kleinen Kaufhaus in Germersheim).

Die Aussonderung der jüdischen Schüler gehörte zum bürokratischen Fundament, das die späteren Verhaftung der jüdischen Familien vorbereiten half. Die Deportationen im Oktober 1940, die am helllichten Tag erfolgten, trafen weder in Germersheim noch in den Nachbarorten auf Widerstand. Niemand half.

Der "Zug der Erinnerung" wird noch bis Donnerstag, 17.00 Uhr, am Germersheimer Bahnhof der Opfer des NS-Rassismus gedenken.




Wachsam sein!

In Landau, der ersten Station in der Südpfalz, stellten SchülerInnen des Eduard-Spranger-Gymnasiums am "Zug der Erinnerung" die Ergebnisse ihrer Spurensuche nach deportierten Landauer Familien vor. Zu ihnen gehörten Bernd Mayer, Irmgard Günzburger und Chana Siegel. Chana Siegels Weg steht für die Odyssee vieler anderer Deportierter. Das erst zweijährige Mädchen wurde im Oktober 1940 erst nach Gurs (Südfrankreich) verschleppt und kam von dort in ein Sammelllager bei Marseille. Nach einer weiteren Station (Drancy bei Paris) endete das kurze Leben von Chana Siegel Anfang Juni 1944 in Auschwitz.

Der gegen Juden und "Zigeuner" wütende NS-Rassismus fand in der Nachkriegszeit Nachahmer und Apologeten. Zu ihnen gehörte der Landauer Medizinalbeamte Hermann Arnold, der bis 1974 in Landau als geachteter Amtsarzt und außerordentlicher Professor für "Sozialhygiene" wirkte. Lesen Sie zu Arnold die Bildunterschriften auf der folgenden Seite.

Anläßlich des Fahrtbeginns durch die Südpfalz (Medienberichte: SWR und SAT.1) sprachen wir mit Gernot Stiwitz, Referatsleiter für historisch-politische Bildung und Demokratieerziehung im Mainzer Bildungsministerium.

Zug der Erinnerung (ZdE): Zum zweiten Mal fährt der "Zug der Erinnerung" durch die Pfalz - und zum zweiten Mal mit erheblicher Unterstützung des Mainzer Bildungsministeriums. Das ist nicht überall so. Hat Rheinland-Pfalz Prävention gegen NS-Wiedergänger besonders nötig - oder will das Land Vorreiter sein? 

Gernot Stiwitz: Rheinland-Pfalz ist ganz bestimmt im Ländervergleich keine Hochburg rechtsextremer Ideen und als Vorreiter im Sinne eines Musterschülers, der sich vordrängt, verstehen wir uns auch nicht. Wir halten allerdings Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus für dauerhaft notwendig und erachten den "Zug der Erinnerung" für einen wichtigen und sehr anschaulichen Beitrag zu dieser Präventionsarbeit. Daher hat unsere Ministerin nach dem großen Erfolg im Jahr 2009 entschieden, dass wir uns erneut zu engagieren.

ZdE: Die Ereignisse um den NSU-Terror haben viele Menschen aufgeschreckt. Warum gelingt es nicht, die NS-Aktivitäten einzudämmen? Werden in den Schulen die familiären Erzählungen ("Opa war kein Nazi") wirklich hinterfragt? 

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Das Mindeste, was man sagen muss…

Aus Landau, der ersten Station des Gedenkens in der Südpfalz, stammt der Rasseforscher Hermann Arnold. Er absolvierte das Humanistische Gymnasium in Landau und war hier bis 1974 Amtsarzt. Als Spezialist für "Zigeunerfragen" setzte er die Tradition seiner NS-Vorbilder aus der "Rassehygienischen Forschungsstelle" (RHF) in der Bundesrepublik fort. Von den RHF-Tätern (hier bei einer Schädelvermessung 1938) wurden Sinti und Roma selektiert. Die pseudowissenschaftlichen Maßnahmen bereiteten ihre spätere Ermordung vor.

Hermann Arnold war in der Nachkriegszeit ein gefragter Landauer Buchautor ("Die Zigeuner"), dessen rassistische Arbeiten vom Bundesinnenministerium gefördert wurden. Arnolds Thesen über die "genetischen" Grenzen der Bildungsfähigkeit bei "Zigeunerkindern" erinnern an Rassismen aktueller deutscher Bestsellerautoren.

Der "Zug der Erinnerung" wird bei seinem Aufenthalt in Landau auch der ermordeten und von Arnold erniedrigten Sinti und Roma gedenken.

An drei Tagen stand der "Zug der Erinnerung" in Landau. Wir sprachen mit Martin Layes, lokaler Koordinator der Landauer Aktivitäten sowie Geschichts- und Religionslehrer an einem Landauer Gymnasium.

Zug der Erinnerung (ZdE): Warum engagieren Sie sich für den Zugaufenthalt?

Martin Layes: Zuerst einmal engagiere ich mich für Menschen, die aus den Orten ihrer Kindheit und Jugend herausgerissen wurden, die scheinbar keine Spuren hinterließen, so als ob sie in unserer Gegenwart als Geister herumspuken. Aber natürlich sind sie keine Geister und sie können ein Gesicht bekommen.

ZdE: Wo haben Sie diese Erfahrung gemacht?

Martin Layes: Ich habe einen Onkel, der im Krieg geblieben ist, dessen Soldatengrab wir nicht kennen und dessen Verschwinden in mir starke Gefühle auslöste als ich von meinem Vater davon erfuhr.

ZdE: : Halten Sie das für einen passenden Vergleich mit den Deportationsopfern, deren Verschwinden wir im "Zug der Erinnerung" beklagen?

Martin Layes: Ja und nein. Das Verschwinden der Opfer und das Verschwinden der Täter läßt sich nicht vergleichen. Aber die emotionalen Folgen in den Familien sind doch ähnlich...

ZdE: Würden Sie der Behauptung zustimmen, daß Ihr Onkel als Wehrmachtssoldat auch für die Verteidigung von Auschwitz kämpfte; daß er dafür kämpfte, die Todesmaschinen in Auschwitz solange zu halten wie sie gehalten wurden? 

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Auslöser zahlreicher Initiativen

Hassloch gehört zu den Stationen der kommenden Zugfahrt durch die Südpfalz.
Dort sprachen wir mit Petra Exner-Tekampe, Oberstudienrätin für Sport und Englisch am Hannah-Arendt-Gymnasium. Frau Exner-Tekampe hat zur Einladung der Ausstellung wesentlich beigetragen.

Frage: Was hat Sie motiviert?

Exner-Tekampe: Ich hatte die Ausstellung in Speyer gesehen, 2009, und das hat nicht nur bei mir, auch bei meinem Sohn, starke Gefühle hervorgerufen. Mich haben die Fotos dieser Kinder nicht mehr losgelassen. Der Geburtstag der Namensgeberin unserer Schule, Hannah Arendt, war für mich eine Gelegenheit, den Zug in die Südpfalz  bringen zu wollen.

Frage: Warum die starken Gefühle?

Exner-Tekampe: Weil diese Ausstellung etwas Besonderes hat. Sie kommt ohne ideologischen Zeigefinger aus, sie ist auch keine bebilderte Geschichtsstunde und sie ist nicht larmoyant. Was zu sehen und zu fühlen ist, ist konkret:
Kurze Biographien junger Menschen, die abgeholt wurden und die nicht zurückkehrten. Wer das als Erwachsener sieht, muß an die eigenen Kinder denken. Dies führt zu einer Identifikation mit den Opfern und das erschüttert.

Frage: Welche praktischen Schwierigkeiten mussten Sie schultern?

Exner-Tekampe: Das Eine war die Idee, das Andere die Realisierung  bzw.
Finanzierung . Und das war nicht einfach! Ohne das Mainzer Kultusministerium, ohne die lokalen Sponsoren, vor allem ohne die Bereitschaft der Schule und vieler engagierter MitstreiterInnen vor Ort  hätte es nie geklappt.

Frage: Gab es nicht auch Widerstände?

Exner-Tekampe: Ja, die gab es. Und es wäre seltsam, wenn die Erinnerung an die Massendeportationen nicht auch Schmerzen hervorrufen…

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Wider das Vergessen

Die NS-Massendeportationen von über 6.000 Menschen aus der früheren Saarpfalz und aus Baden wären ohne die "Reichsbahn" logistisch unmöglich gewesen. Diese Gleisinstallation im südfranzösischen Gurs, dem Zielort der deutschen Verschleppungen, erinnert an die Bahn-Beihilfe zum millionenfachen Massenmord. "Gurs: welch sonderbare Silbe - wie ein Schluchzen aus verschlossener Kehle" (Louis Aragon).

Mit umfangreichen Begleitprogrammen an den Stationen des "Zugs der Erinnerung" wird in der Südpfalz der NS-Massendeportationen vom Oktober 1940 gedacht. Beispielhaft ist eine Veranstaltungsreihe in Schifferstadt. Sie beginnt bereits am 08. Oktober (Ausstellung zur NS-Psychiatrie) und reicht bis 23.10. mit Vorträgen ("Die Straßen standen voller Gaffer") und einem Schweigemarsch zum Bahnhof. Einzelheiten bei den lokalen Koordinatoren:

Landau: mjlram@yahoo.de
Sonntag, 14.10. - Dienstag, 16.10)
 

Germersheim: hfalter@germersheim.eu
(Mittwoch, 17.10. - Donnerstag, 18.10.)
 

Schifferstadt: u_volk@schifferstadt.de
(Freitag, 19.10. - Samstag, 20.10.)
 

Neustadt: info@zugde.eu
(Montag, 22.10. - Mittwoch, 24.10.)
 

Haßloch: pexnert@aol.com
(Donnerstag, 25.10. - Samstag, 27.10.)
 

Pirmasens: sandra.wagner@tapper-gmbh.de
(Montag, 29.10. - Mittwoch, 31.10.)
 

Im Zweifelsfall helfen wir Ihnen unter folgender Rufnummer weiter: 0171-190 5050




Zug in der Südpfalz

Im Oktober 1940 verhafteten die deutschen Behörden über 6.000 Menschen aus der Pfalz, dem Saargebiet und Baden, weil sie Juden waren. Die NS-"Reichsbahn" deportierte die Familien in das Zwischenlager Gurs (Südfrankreich). Nach weiteren Irrfahrten endete das Leben der meisten Verschleppten in den Ghettos und Vernichtungsanstalten. Unter den Ermordeten befanden sich über tausend Kinder und Jugendliche.

In der Südpfalz bereiten sich Organisatoren an fünf Haltestationen auf die Ankunft der Ausstellungswagen mit Biographien der deportierten Kinder und Jugendlichen vor. Der "Zug der Erinnerung" erwartet den Besuch tausender Schüler - aber auch die Anteilnahme der regionalen Bürgerschaft. Insbesondere an den Nachmittagen (bis 19 Uhr) und Wochenenden steht die Ausstellung für Einzelbesucher kostenlos offen. Folgende Kontakte können hilfreich sein:

Landau: mjlram@yahoo.de
Sonntag, 14.10. - Dienstag, 16.10)
 

Germersheim: hfalter@germersheim.eu
(Mittwoch, 17.10. - Donnerstag, 18.10.)
 

Schifferstadt: u_volk@schifferstadt.de
(Freitag, 19.10. - Samstag, 20.10.)
 

Neustadt: info@zugde.eu
(Montag, 22.10. - Mittwoch, 24.10.)
 

Haßloch: pexnert@aol.com
(Donnerstag, 25.10. - Samstag, 27.10.)
 

Pirmasens: sandra.wagner@tapper-gmbh.de
(Montag, 29.10. - Mittwoch, 31.10.)
 

Im Zweifelsfall helfen wir Ihnen unter folgender Rufnummer weiter: 0171-190 5050




Von den Tätern nicht schweigen

Familiengrab: Ein Riegel aus Stein mit dem Namen des Schuldigen an Deportation und Massenmord von tausenden Menschen wird auf dem christlichen Friedhof von Neustadt (Rheinland-Pfalz) zur Andacht ausgestellt (Foto 2011). Der Steinklotz trägt den Namen des NS-Gauleiters Josef Bürckel. Bürckel ist für die rassistischen Untaten an den Juden der Saarpfalz verantwortlich, die er 1940 mit der "Reichsbahn" nach Südfrankreich verschleppen ließ. Von dort führte die Odyssee der Opfer in die NS-Lager und in die Vernichtung. Dem Täter lassen sowohl die christliche Gemeinde wie auch die Stadtverwaltung Neustadt bis heute Ehre angedeihen. Einen Antrag auf Entfernung des provokanten Grabmals wies der Bürgermeister von Neustadt zurück. Die hermetische Gestalt des Familiengrabs, das in der Nachkriegszeit angelegt wurde, speichert eine hohe Symbolkraft: Der Steinriegel des toten Mordbeihelfers wird von Blöcken der verblichenen Ahnen gestützt und lastet auf den Steinen der Erben, die nach ihm starben.

Bei seiner kommenden Fahrt durch die Südpfalz wird der "Zug der Erinnerung" die aktuellen Ereignisse um den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) zum Anlaß nehmen, um auf das seit 1945 anhaltende Kontinuum von Rassismus und nationalem Größenwahn aufmerksam zu machen.

Das Gedenken an die Opfer dürfe nicht dazu führen, daß von den Tätern geschwiegen werde, heißt es bei der Bürgerinitiative. "Der Einfluß der Täter hörte nach der Befreiung nicht auf. Ihre Spuren führen in die Gegenwart."

Nicht nur bei der Deutschen Bahn setzten zahlreiche Verantwortliche für die Massendeportationen ihre Karrieren in der Bundesrepublik fort.

Vergleichbare Tätergruppen füllten den beschwiegenen Traditionsbestand auch anderer Großunternehmen. Zugleich kam es nur in wenigen deutschen Familien zu einem wirklichen Bruch mit der eigenen Teilhabe an der großdeutschen Aggression. Dies wirkt sich in der zweiten und dritten Generation der Tätererben verheerend aus.

Beispielhaft sind die Zustände in Neustadt (Rheinland-Pfalz), wo eines maßgeblichen Schuldigen an Deportation und Tod vieler Kinder und Jugendlichen ehrend gedacht wird (Foto rechts: Familiengrab).

"Ohne eine generationsübergreifende Weitergabe der ideologischen Elemente, die in der NS-Zeit radikalisiert wurden und zu millionenfachen Opfern führten, wären politische Gruppierungen wie die NSU-Zelle nicht denkbar", heißt es in einer internen Ausarbeitung des Trägervereins "Zug der Erinnerung".

Inzwischen stehen die Daten der Fahrt durch die Südpfalz fest:

Landau: Sonntag, 14.10. / Montag, 15.10. - Dienstag, 16.10.2012
Germersheim: Mittwoch, 17.10. - Donnerstag, 18.10.2012
Schifferstadt: Freitag, 19.10. - Samstag, 20.10.2012
Neustadt: Montag, 22.10. - Mittwoch, 24.10.2012
Haßloch: Donnerstag, 25.10. - Samstag, 27.10.2012
Pirmasens: Montag, 29.10. - Mittwoch, 31.10.2012




"Zug der Erinnerung" kommt in die Südpfalz

Im Oktober 1940 startete die "Bürckel-Wagner-Aktion": Die Saar, die Pfalz und Baden sollten "judenfrei" gemacht werden. Über 6.000 Menschen wurden auf die Bahnhöfe getrieben (hier in Ludwigshafen) und mit der "Reichsbahn" nach Südfrankreich verschleppt. Dies war nur eine Zwischenstation. Nach dem Bau der Vernichtungslager im besetzten Polen wurden die aus Deutschland Deportierten auf eine weitere Reise geschickt. Für die Mehrzahl der Menschen, darunter wenigstens 1.000 Kinder, war es eine Fahrt ohne Wiederkehr. Für die Beihilfe zum Massenmord stellte sich die "Deutsche Reichsbahn" zu Verfügung. Das Nachfolgeunternehmen (Deutsche Bahn AG) lässt sich das Gedenken an die NS- Opfer mit "Trassen- und Stationsgebühren" bezahlen.

In mehreren Städten der Südpfalz sollen im kommenden Herbst die jugendlichen Deportationsopfer des NS-Regimes besonders geehrt werden. Dazu haben Bürgerinitiativen, Schulen, Kommunen und die Mainzer Landesregierung den "Zug der Erinnerung" eingeladen. Feste Termine oder Optionen für den Zugaufenthalt mit seinen Ausstellungswaggons gibt es bereits in Germersheim, Haßloch, Landau, Pirmasens und Schifferstadt.

Anlass der Einladungen ist das Datum der Wiederkehr der Massenverschleppungen von über 6.000 Menschen aus der Saar, der Pfalz und Baden im Oktober 1940. Diese Gebiete sollten als erste "judenfrei" gemacht werden. Auf dem Umweg über Südfrankreich und Paris transportierte die "Reichsbahn" die Gefangenen später "in den Osten". Dort erwartete auch unzählige Kinder und Jugendliche der Tod.

"Aber nicht nur dieses Datum lässt die Fahrt bedeutend werden", heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins. "Die Mordserie des NS-Untergrunds und der Anstieg rassistischer Gewalttaten verdienen eine klare Antwort. Sie muss im öffentlichen Raum, auf der Straße oder auf den Bahnhöfen gegeben werden. Vor der Wiederkehr von Antisemitismus und vor nationalem Größenwahn dürfen wir uns nicht hinter die Gardinen flüchten."

Die Bürgerinitiativen und Kommunen der Südpfalz, vor allem aber das Mainzer Bildungsministerium, haben einen hohen Teil der Fahrtkosten übernommen, da sich sowohl die DB AG als auch das Berliner Verkehrsministerium im fünften Jahr weigern, den Zug kostenlos über das staatliche Schienennetz fahren zu lassen.












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