BERLIN/BRANDENBURG - Mit überwältigenden Zeichen der Anteilnahme ging am Dienstag (22.04.) der zehntägige Aufenthalt des Zuges in Berlin zu Ende. Am S-Bahnhof Grunewald, der letzten Station in unmittelbarer Nähe des früheren Deportationsgleises Nr.17, versammelten sich Tausende und nahmen mehrstündige Wartezeiten in Kauf. Wer den Zug wegen Überfüllung nicht besuchen konnte, legte Blumen an der Gedenkstätte nieder, die am Dienstag Abend mit Gestecken oder selbst gepflückten Zweigen übersät war - eine Demonstration ohne Anleitung oder Aufruf. Die Anfahrt zum Standort des Zuges war stundenweise dermaßen verstopft, daß Polizisten den Verkehr regeln mussten.
Bereits am Wochenende (19.-20.04) hatten Tausende den Zug am Berliner Westhafen aufgesucht - einem weiteren Ort der früheren Massendeportationen, die vom Rangierbahnhof Moabit ausgingen. Auch hier, auf einem Industriegelände, kam es zu langen Wartezeiten. Mehrere ehemalige Deportierte und ihre Angehörigen besuchten den Zug. Wie bereits am Berliner Ostbahnhof übergaben sie Lebenszeugnisse. Zwei Jungen im Alter zwischen 8 und 12 Jahren, deren Großeltern zu den Opfern gehörten, unterstützten das Gedenken mit Spenden, die sie bei ihren Freunden gesammelt hatten: 87 Euro. "Wir danken allen Berlinern, deren Zuspruch bewegend ist", sagten die Initiatoren bei der Verabschiedung des Zuges auf dem S-Bahnhof Grunewald. "Dieser Zuspruch zeigt, daß das Gedenken behindert, aber nicht verboten werden kann. Die enorme Anteilnahme macht Mut!"
Zuvor hatten der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, und die Bezirksbürgermeisterin Monika Thieme den Zug besucht. Zu den Abschiedsgästen gehörte der 1. Botschaftsrat der Polnischen Botschaft, Dr. Slawomir Tryc, dem die Initiatoren für die großzügige Hilfe auf der letzten Etappe der Zugfahrt dankten. Nach Aufenthalten in Brandenburg und Sachsen (Fahrplan) wird der Zug am 7. Mai Polen erreichen. Am 8. Mai, dem Tag der Befreiung, findet auf dem Gelände des Staatlichen Museums Auschwitz eine Gedenkfeier statt. Auch Jugendliche, die der "Zug der Erinnerung" bisher nicht erreichte, sind eingeladen, die letzte Etappe zu begleiten (Flyer).